Gewerbliche Winterkonferenz 2018 | Schweizerischer Gewerbeverband sgv | Dachorganisation der Schweizer KMU

69. Gewerbliche Winterkonferenz

Der Wert der KMU – in Politik, Markt und Bildung

Parkhotel Silvretta Klosters 10. – 12. Januar 2018

Die KMU sind das Rückgrat der Schweizer Volkswirtschaft – doch wie kann dieser Wert in politische Erfolge beim Kampf gegen unnötige Regulierungen umgemünzt werden? Wie schöpfen KMU Wert in ihren strategischen und operativen Geschäftsfeldern? Und wie kann der Wert der Berufsbildung erhalten bleiben?

Programm Gewerbliche Winterkonferenz 2018
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Rahmenprogramm Gewerbliche Winterkonferenz 2018
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News aus Klosters

Mittwoch, 10. Januar 2018

Der Wert der KMU

Die 69. Gewerbliche Winterkonferenz im bündnerischen Klosters ist im Gang. Bis Freitag, 12. Januar gibt sich das Who is Who der Schweizer KMU-Landschaft im verschneiten Prättigau ein Stelldichein; zum politischen Austausch ebenso wie zum Knüpfen auf Auffrischen von persönlichen Beziehungen. Das Tagungsthema – es ist gleichzeitig Jahresthema bei organisierenden Schweizerischen Gewerbeverband sgv – lautet: «Der Wert der KMU».

95 Prozent trägt die Wirtschaft

„95 Prozent der Kosten als Folge von Gesetzgebung trägt die Wirtschaft“: Dies sagte gleich zu Beginn von «Klosters 2018» Johannes Ludewig, der Vorsitzende des nationalen Normenkontrollrats (NKR). Sein Thema: «Bürokratieabbau und Begrenzung von Folgekosten» in Deutschland.

Jean-François Rime, Präsident des sgv und Nationalrat SVP/FR, eröffnete die 69. Gewerbliche Winterkonferenz. Jean-François Rime, Präsident des sgv und Nationalrat SVP/FR, eröffnete die 69. Gewerbliche Winterkonferenz.

«Wissen, was man tut»: Unter diesem Motto setzen sich Ludewig, vor elf Jahren von der Bundeskanzlerin direkt ernannter Chef des NKR mit Sitz im Kanzleramt und sein Team dafür ein, dass die einmaligen und wiederkehrenden Folgekosten politischer Entscheidungen auf Bundesebene für die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für Wirtschaft und Verwaltung transparent gemacht und wo möglich abgebaut werden. Wichtig dabei, so Ludewig: «Alle Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften auf Bundesebene werden im Voraus geprüft.» Ähnlich der Schweizer Vernehmlassung nimmt der NKR zu Vorlagen Stellung, bevor diese von Regierung und Bundestag beraten werden. Zwei Jahre nach Inkrafttreten von Gesetzen werden die Folgen dann noch einmal – diesmal durch das Statistische Bundesamt – gemessen. Sind die Kosten klar höher als erwartet, so beginnt das „Spiel“ von vorn.

Die Methode wirkt...

Dass diese Methode „dank Druck im System“ tatsächlich wirkt, belegte Ludewig mit Zahlen. So seien etwa bei der Umstellung der Kindergelder 2015 Verwaltungskosten von 140 Millionen Euro oder beim Abgleich der Steuer-ID 2016 Kosten von 146 Millionen bei der Wirtschaft und nochmals 96 Millionen bei den Bürgern vermieden worden. Ganze 1,3 Milliarden Kosten wurden vermieden, indem eine übertriebene Regelung zu Waffen­­schränken auf ein sinnvolles Mass reduziert werden konnte.

Und: Dank der 2015 eingeführten Regelung „one in, one out“ (wird ein Gesetz neu eingeführt, so muss ein anderes dafür weichen) nähmen die Ministerien die Folgekosten von Gesetzgebung noch sorgfältiger unter die Lupe, so Ludewig.

...trotz Kosten durch EU

Dem Abbauziel von 25 Prozent bei den rund 50 Milliarden Euro teuren Informationspflichten für die Wirtschaft – die Hälfte davon soll E-Government bringen – stehen allerdings auch Kosten für den bürokratischen «Erfüllungsaufwand» gegenüber. Interessant dabei, auch aus Schweizer Sicht: Rund die Hälfte dieses Aufwands für die deutsche Wirtschaft entsteht dadurch, dass sie Vorgaben der Europäischen Union (EU) umsetzen muss...

Auch Brüssel muss mitziehen

Die EU: Auch im vom wenig motiviert wirkenden Tagi-Chefredaktor Arthur Rutishauser moderierten Gespräch mit Gewerbeverbandspräsident und Nationalrat Jean-François Rime nahm sie eine wichtige Rolle ein. Es sei wichtig, so NKR-Chef Ludewig, dass auch „Brüssel“ die Folgekosten der EU-Regulierung endlich ernster nehme. Grundsätzlich plädierte der Deutsche dafür, die Eckpunkte eines – vermeintlichen oder tatsächlich bestehenden – Problems erst sehr gründlich zu analysieren, bevor dann – allenfalls – ein neues Gesetz erlassen werde.

Rime und Ludewig waren sich aber auch darüber einig, dass Deregulierung allein kein Dogma sein dürfe. Anzustreben sei ein Mittelweg zwischen nötiger Regulierung und dem wichtigen Ziel, unnötige Regeln und Gesetze wieder abzuschaffen.

Bürokratieabbau und Begrenzung von Folgekosten - Dr. Johannes Ludewig, Präsident des deutschen Normen-Kontrollrates
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Donnerstag, 11. Januar 2018

Regulierungen – ein Dauerärgernis

Der Wert der KMU und die Folgen der Regulierung für die KMU standen am Donnerstagmorgen im Zentrum des Interesses. Als direkt Betroffene gaben die Thurgauer SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr, der Zürcher KGV-Präsident Werner Scherrer sowie Matthias Baumberger, Direktor des Verbands der Schweizerischen Lack- und Farbenindustrie, Einblicke in ihren Alltag.

Baumberger warnte vor einem „Durchwinken“ internationaler Protokolle durch Politik und Verwaltung und illustrierte am Beispiel der flüchtige organischen Verbindungen VOC, wohin eine Überregulierung führen kann. „Die Mehrkosten von rund 1,5 Millionen Franken würden besser in Innovation als in eine weitere, völlig unnötige Verschärfung der Luftreinhaltemassnahmen investiert.“

Metallbau-Unternehmerin Gutjahr beschrieb am Beispiel der Flankierenden Massnahmen und der Solidarhaftung, welche massiven Mehrkosten für Schweizer Unternehmen entstehen, weil ausländische Subunternehmen sich nicht an die Regeln halten, während in Schweizer Amtsstuben Gesetze nach Punkt und Komma – und oft weit darüber hinaus – umgesetzt werden.

Messer-Experte Scherrer beschrieb anhand eindrücklicher Beispiele, wie KMU-Chefs – „stressresistent, pragmatisch und möglichst zügig“ – mit unsinnigen Regulierungen umgehen. Sein Wunsch an die Politik: „Weniger Gesetze, weil die Verwaltung diese immer als Vorwand für noch mehr Kontrollen und Schikanen verwenden wird.“

Regulierungskosten senken

Gewerbedirektor und Nationalrat Hans-Ulrich Bigler erinnerte an das Kernanliegen des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv: Der Kampf gegen neue und ungerechtfertigte Steuern, Gebühren und Abgaben. „Die Regulierungskosten in der Schweiz betragen rund zehn Prozent des BIP; in Zahlen: 60 Milliarden Franken – und das Jahr für Jahr.“ Wenn also unnötige Regulierungskosten eingespart werden, so Bigler drei Jahre nach dem „Frankenschock“ durch die Aufgabe des Euro-Mindestkurses, so bedeutet dies Wachstum.“

In der Folge erläuterte Bigler das aus drei Teilen bestehende Konzept der Regulierungskostenbremse. Bestehende Gesetze seien nach Einsparpotenzial zu durchforsten, neue Gesetze mit einem Preisschild zu versehen und – sind mehr als 10‘000 Unternehmen betroffen und überschreiten die Kosten eine noch zu bestimmende Höhe – in der Schlussabstimmung im Parlament mit absolutem Mehr zu verabschieden. Bigler appellierte nicht nur an den Bund, sondern auch an die Politik auf Kantons- und Gemeindeebene, die Kosten für neue Regulierungen genau zu analysieren, bevor Gesetze beschlossen werden.

Alles kein Problem?

Auf dem Podium, moderiert von Tele Z-Chefredaktorin Claudia Steinmann, kreuzten Parlamentsmitglieder aus vier Parteien die Klingen.

Für Alois Gmür (CVP) ist schon nur die Idee eine Regulierungsbremse „blöd“. Der Schwyzer Bierbrauer – er beliefert u.a. die links-autonome Chaostruppe in der Stadtberner „Reitschule“ mit seinem Gestensaft – bezeichnete die zuvor beschriebenen behördlichen Schikanen als „nicht relevant“, was ihm prompt den lautstarken Protest des Publikums einbrachte. Überhaupt seien Regulierungen nicht a priori schlecht, so Gmür: „Sie bringen auch Aufträge fürs Gewerbe.“ Eine Lockerung der Schuldenbremse dagegen – sie führte die Schweiz in eine vom Ausland oft gelobte finanzpolitische Stabilitiät – hält Gmür für angebracht.

Daniela Schneeberger (FDP) gab Gmür in einem Punkt recht: „Auch parlamentarische Vorstösse führen zu neuen Kosten.“ Die Präsidentin von TreuhandSuisse plädierte für das direkte Gespräch mit der Verwaltung: „Immer wieder ‚gusle‘, das hilft oft mehr.“

Edith Graf-Litscher (SP) zeigte am Beispiel der Zulassungsbehörde Swissmedic auf, wie alteingesessenen Unternehmen das Leben schwer gemacht wird. Es sei wichtig, so Graf, dass Dachverbände wie der sgv „der Verwaltung auf die Füsse treten“. Und die Thurgauerin gab – aus dem Munde einer SP-Vertreterin so nicht erwartet – zu Protokoll, was auch der sgv stets aufs Neue moniert: „Kaderfunktionäre machen oft gleich selber Politik“…

Die Aargauer Unternehmerin Silvia Flückiger (SVP) schliesslich erinnerte am Beispiel „Sonntagsarbeit für Lehrlinge in der Bäcker- und Konditorenbranche“ daran, dass nur konstanter Druck aus Politik und Verbänden die Verwaltung zu einem Umdenken bewegen könne. Zu den ärgerlichen Statistikaufgaben meinte Flückiger locker: „Schmeissen Sie die Dinger mit Wonne in den Papierkorb!“

Gemeinsam und generationenübergreifend Werte schaffen

Am Donnerstagnachmittag der 69. Winterkonferenz wurde der Wert der KMU im Markt etwas genauer unter die Lupe genommen. Dabei ging es darum wie Unternehmen Wert schöpfen. Beispiele dafür sind kluge Vertriebskonzepte oder Franchise-Kooperationen, um neue Märkte zu erschliessen und Vorteile in Einkauf und Verkauf zu generieren. Heute reiche es nicht mehr, wenn Produkte und Dienstleistungen im Zentrum ständen, so Christoph Wildhaber, Geschäftsführer Schweizer Franchise Verband. „Heute steht der Kunde im Mittelpunkt und Werte für eine breite Massen müssen geschaffen werden. Ein moderner Betrieb ist ein geführter Betrieb.“ Deshalb seien Partnerschaften als Chance zu sehen.

„Gemeinsam können Unternehmen gestärkt, weiterentwickelt und Herausforderungen effizienter gemeistert werden“, so Wildhaber. Beispiel für eine gelungene Franchise-Kooperation sind das internationale Immobilienunternehmen Remax sowie Home Instead Seniorenbetreuung, der weltweit führende Anbieter nicht-medizinischer Seniorenbetreuung und -begleitung. Thomas Wegmüller, Leiter von Relax Collec-tion in Klosters ist seit 15 Jahren Franchisenehmer. Ihn hat das vorhandene nationale und internationale Netzwerk angesprochen. „Ich bin selbstständig und doch nicht allein und kann auf clevere Arbeitstools, auf Weiterbildungen, eine bekannte Marke sowie top Technologien zurückgreifen“, betont Wegmüller. Dies bestätigt auch Paul Fritz, CEO von Home Instead Schweiz: „Dank dem Franchisesystem musste ich mich nicht mit EDV, Prozess und irgendwelche Abläufe herumschlagen, sondern konnte mich um Kunden und Mitarbeiter kümmern und den Fokus auf Qualität und unserer Kernkompetenz richten.“

Wertschöpfung durch Nachfolge

Aber auch eine eigene Geschichte kann Ressource für Wertschöpfung sein. Hutter Dynamics, eines der führenden Autohäuser in der Nordwestschweiz, zeigt wie ein Unternehmen über Generationen in der Familie geblieben ist und Werte geschaffen hat, auch ethische Werte. Alt Nationalrat und Inhaber Markus Hutter entwickelte die Ideen seines Vaters weiter und aus dem Gründungsmythos sowie der starken Identität des Unternehmens hat er Kraft und Innovation für die Weiterentwicklung des KMU geschaffen. „Die unternehmerische Freiheit, die heute zum Teil arg beschnitten wird, war mir immer sehr wichtig. Ebenso habe ich auch mit meinem Amt als Nationalrat Politik und Unternehmertum zusammengeführt“, so Hutter.

Auch die Bäckerei Bertschi zeigt wie durch eine gute Nachfolgelösung ein Unternehmen über vier Generationen erfolgreich im Geschäft bleibt. Christian Hertig hat als junger Produktionsleiter die traditionsreiche Zürcher Altstadtbäckerei übernommen und mit einem Strategiewechsel zum führenden Lieferanten für Firmenkunden aus der Metropolregion Zürich geführt. Im Gegensatz zur allgemein rückläufigen Entwicklung in der Branche hat die Bäckerei Bertschi mutig auf Expansion gesetzt. Hertig ist ein Macher: Deshalb auch sein Rat, der sich in allen Hochs und Tiefs bis jetzt bewährt hat: „Wir sollten weniger zögen, von unseren Ideen überzeugt sein und sie schnell umsetzen. Es ist entscheidend, beharrlich seinen Weg zu gehen und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.“


Freitag, 12. Januar 2018

Auf Augenhöhe ausbilden

Ein wichtiger Aspekt im Rahmen des Tagungstitels „Wert der KMU“ ist die Berufsbildung. Sie stand am Freitagmorgen der 69. Winterkonferenz im Mittelpunkt. Für einmal kamen die Direktbetroffenen an der Basis – Schüler und Lernende – zu Wort. Alan Cantekin und Dominic Bühler, beides Schüler der 3. Sekundarschule in Mettmenstetten (ZH), erzählten von ihrer Entscheidung nach der Schule den gymnasialen oder den beruflichen Weg einzuschlagen. Für beide war es keine einfache Entscheidung, sind sie doch sehr gute Schüler und haben sie doch die Übergangsprüfung ins Gymnasium absolviert respektive bestanden. Beide haben sie sich für eine Berufslehre als Informatiker entschieden, die sie im Sommer bei Roche respektive der Zürcher Kantonalbank beginnen werden. „Für mich ist die Praxis im Alltag sehr wichtig ebenso wie das Verdienen des ersten eigenen Geldes“, begründete Cantekin seine Entscheidung. Das viele Lernen hätte ihn auch etwas abgeschreckt: „Ich möchte lieber meinen Freundeskreis ausgiebig pflegen. Ich kann später nach der Lehre immer noch via Passerelle an die Uni gehen“, so Cantekin.

Hauptgründe, eine Berufslehre als Informatiker zu beginnen, sind für Bühler seinen jetzigen Kollegenkreis und die coolen Lehrer an der Sekundarschule beizubehalten sowie die Freude am Computer. Bereits eine Berufslehre hinter sich haben Stefan Lutzi aus Chur sowie Samuel Disch aus Rabius. Beide Bündner absolvieren zurzeit eine Zweitausbildung als Spengler EFZ respektive Forstwart EFZ. Lutzi stellte am Ende seiner ersten Lehre als Elektroniker fest, dass er zu wenig handwerklich gefordert wurde und gerne in die Fussstapfen seines Grossvaters treten möchte. „Bei meinem ersten Betrieb war das Arbeitsklima und der Umgang untereinander belastend. Es war die richtige Entscheidung zu wechseln. Ich habe innerhalb wenigen Monaten meine zweite Lehrstelle gefunden und dabei einen wirklich guten Betrieb erwischt“, so Lutzi.

Bildungssystem hegen und pflegen

Disch hingegen hat nach seiner Malerlehre zweieinhalb Jahre eine Lehrstelle als Forstwart gesucht. „Ich musste hartnäckig am Ball bleiben, um eine der raren Lehrstellen zu erwischen, aber es hat sich gelohnt.“ Weniger im Vordergrund steht bei der Berufswahl für die jungen Leute das Geld. Andere Aspekte wie Arbeitsklima, Freude am Berufe, gute Kollegen werden mehr gewichtet. Dies bestätigte auch Simon Hugi. Er hat sich als Landschaftsgärtner ausbilden lassen und ist als ehemaliger Teilnehmer der WorldSkills in die Ausbildung von jungen Leuten reingerutscht. „Die Leute sind bei uns nahe am Markt, kennen die Bedürfnisse der Kunden, sind sehr flexibel und können auf allfällige Änderungen rasch reagieren“, skizzierte er die Stärken des dualen Bildungssystems. Für die Betriebe rechne es sich immer, Lernende auszubilden, denn somit werde qualifizierter Berufsnachwuchs gesichert. "Wir brauchen gute Berufsleute, die mit viel Herzblut ausgebildet werden“ appellierte er an Betriebe und Berufsverbände. Und sein Wunsch an die Politiker ist indessen, „dass sie unser duales Bildungssystem weiterhin hegen und pflegen und dahinterstehen.“

OdA werden benachteiligt

Für die Ausbildungsinhalte verantwortlich sind die Branchenverbände. Auch diese haben ihre Forderungen an die Politik. Die Ausbildung in den Betrieben, in den überbetrieblichen Kursen ÜK sowie in den Berufsschulen würden gerade hinsichtlich der Digitalisierung immer anspruchsvoller und auch wesentlich teurer, gibt Roland Goethe, Präsident SWISSMECHANIK zu bedenken. „Die Ausbildner dürfen hier nicht die alleinigen Kostenträger sein, wir erwarten, dass sie vom Bund und Kanton unterstützt werden.“ Er sprach auch die Gleichwertigkeit zwischen akademischem und beruflichem Weg an. „Es ist für die Nachwuchswerbung zentral, dass hier die beiden Ausbildungsmöglichkeiten nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ Problematisch für den Schweizerischen Fachverband für Kosmetik SFK ist, dass der nicht geschützte Beruf der Kosmetikern mit sinnverwandten Berufen, die über keine Grundbildung verfügen, in eine Trägerschaft gedrängt werden.“Hier müssen die Verbände auch mitreden dürfen“, fordert SFK-Präsidentin Caroline Kiener vom Bund.

Wie wichtig die Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung ist und dass eine allfällige Tendenz zur Verstaatlichung vermieden werden muss, wurde im anschliessenden Podium diskutiert. Bezüglich Verbundpartnerschaft hätte man in der Praxis gerade bei der Finanzierung oft den Eindruck, wer zahlt befiehlt“, so sgv-Direktor und Nationalrat (FDP/ZH) Hans-Ulrich Bigler an die Adresse von Bund und Kantonen. „Die Organisationen der Arbeitswelt OdA werden nicht auf Augenhöhe wahrgenommen.“ Darauf entgegnete Josef Widmer, stellvertretender Direktor des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI, unser duales System sei sehr arbeitsmarktorientiert. „Bei uns sagt die Wirtschaft, was sie braucht.“ In gewissen Teilbereichen gehe die Harmonisierung etwas zu weit, gibt Ständerat Stefan Engler (CVP/GR) zu bedenken. „Das Tempo von Staat und Wirtschaft sind halt nicht immer aufeinander abgestimmt.“ Nationalrat Adrian Amsturz (SVP/BE) kam auf die Akademisierung der Berufe zu sprechen und forderte eine anforderungsgerechtere Ausbildung: „Wir haben zu viele Theoretiker und zu wenig Praktiker“, so der Präsident des Schweizer Nutzfahrzeugverbandes ASTAG. Hier seien ganz klar die Berufsverbände und Unternehmen gefordert, sich einzubringen, konterte Theo Ninck, Präsident der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz SBBK.

Fünf Faktoren bestimmen unser Glück

Der krönende Abschluss der 69. Gewerblichen Winterkonferenz am Freitagnachmittag war der Vortrag von Bruno S. Frey, ständiger Gastprofessor an der Universität Basel. „Wie also können wir glücklich bleiben?“, fragt Frey. Glück erkämpfen, bedeutet, die Glücksfaktoren zu fördern. Freys Formel besteht aus fünf Faktoren: Zunächst beeinflussen uns die individuellen Eigenschaften. Wer keinerlei Veranlagungen zu Depressionen aufweist, der dürfte die grösseren Chancen aufs Glücklichsein haben. Ein zweiter Faktor ist die Sozialdemographie, also Merkmale wie Geschlecht, Alter und Ausbildung. Förderlich für unser Glück ist auch die Wirtschaftslage. Ein guter Arbeitsmarkt und geringe Inflation halten uns bei Laune. Des Weiteren beeinflussen unsere individuellen Lebensumstände sowie die institutionellen Rahmenbedingungen etwa das politische System unser Glücksempfinden.

Geld allein macht nicht glücklich

In seinem Vortrag zu Ökonomie des Glücks widmete sich der Forschungsdirektor des Center for Research in Economics, Management an the Arts CREMA in Zürich auch den Determinanten verschiedener Indikatoren des Lebenszufriedenheit. Für Volkswirte ist dabei die Frage nach einem Zusammenhang zwischen Einkommen und Glück besonders ausschlaggebend. Frey zu Folge sind Menschen mit hohen Einkommen glücklicher als Menschen mit niedrigem Einkommen. Auch zeigt sich, dass die Lebenszufriedenheit in Ländern mit vergleichsweise hohen Pro-Kopf-Einkommen besonders hoch ist. Allerdings nimmt der Zugewinn an Glück mit steigendem Einkommen ab. Ausserdem gewöhnen sich Menschen schnell an Einkommenszuwächse, so dass der positive Zufriedenheitseffekt nicht von langer Dauer ist. Gar keine positive Wirkungen hinsichtlich des Wohlbefindens gehen mit Einkommenssteigerungen einher, wenn Statuseffekte ausbleiben, weil beispielsweise Kollegen oder Nachbarn eine ähnliche oder sogar höhere Einkommenssteigerung realisieren. Dies alles führt Frey zu einem weiteren Punkt: Geld allein macht nicht glücklich. Einfluss und zum Teil massgeblicher als Einkommen und Vermögen sind die Auswirkungen von Alter, Familie Ausbildung und Bestätigungsstatus auf die Lebenszufriedenheit.

Demokratie und Föderalismus

Bei den Faktoren Wirtschaftslage und institutionelle Rahmenbedingungen sieht der Volkswirtschaftler in der Schweiz noch deutliches Steigerungspotenzial. „Wir müssen uns darum kümmern, dass unser Pro-Kopf-Einkommen wächst.“ Das heisst zuerst: „Wir müssen in die Ausbildung investieren, wollen wir wettbewerbsfähig bleiben.“ Seines Erachtens sollen nicht nur die Ausbildungen kreativ sein, sondern auch die Arbeitsstellen: „Wir müssen die Qualität von Arbeitsplätzen weiterentwickeln. Wir sollten mehr Selbstbestimmung und produktive Entfaltungsmöglichkeiten schaffen, auch bei tiefer qualifizierten Stellen“, ist Frey überzeugt. Innovationen fordert Frey auch für das politische System der Schweiz. Fundament für die landesweite Glückseligkeit seien die direkte Demokratie und der Föderalismus. Denn politische Mitbestimmung fördert gemäss seinen Untersuchungen das glücksempfunden. „Wir müssen diese Stärke weiterentwickeln und die Bürger vermehrt an den politischen Prozessen beteiligen“, findet der Glücksexperte.

Gemütlichkeit und Networking

Mit einer Fahrt in der Gondel auf die Madrisa, den Hausberg von Klosters, klang der Abend aus. Dabei konnten nebst der Gemütlichkeit auch das Netzwerk der KMU- Wirtschaft ausgiebig gepflegt werden.


Referate / Präsentationen

Mittwoch, 10. Januar 2018

  • Bürokratieabbau und Begrenzung von Folgekosten - Dr. Johannes Ludewig, Präsident des deutschen Normen-Kontrollrates (Powerpoint / PDF)

Donnerstag, 11. Januar 2018

  • Wertschöpfung durch Partnerschaften: Vom traditionellen Produktevertrieb zur modernen Geschäftskonzept-Lizenzierung - Dr. Christoph Wildhaber, Geschäftsführer des Schweizer Franchise Verbands (Powerpoint / PDF)
  • Gemeinsam sind wir stark: Wertschöpfung durch Kooperation - Paul Fritz, CEO Home Instead Schweiz AG (Powerpoint / PDF)

Freitag, 12. Januar 2018

  • Glück schafft Werte - Werte schaffen Glück - Bruno S. Frey, Professor Universität Basel, Glücksforscher (Powerpoint / PDF)

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