Als grösste Dachorganisation der Schweizer Wirtschaft vertritt der Schweizerische Gewerbeverband sgv über 230 Verbände und gegen 500 000 KMU, was einem Anteil von 99.8 Prozent aller Unternehmen in unserem Land entspricht. Im Interesse der Schweizer KMU setzt sich der grösste Dachverband der Schweizer Wirtschaft für optimale wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen sowie für ein unternehmensfreundliches Umfeld ein.
Bereits im Rahmen seines Exit-Konzepts «Corona: Smart Restart» verlangte der sgv, dass Gesundheits- und Wirtschaftspolitik Hand in Hand gehen müssen. Gefordert ist ein Übergang in eine Logik des gezielten Schutzes, damit die Wirtschaft und die Bevölkerung möglichst rasch die Rückkehr in die Normalität schaffen.
Die aus der Covid-Krise resultierenden volkswirtschaftlichen Schäden sind immens. Das SECO prognostiziert für 2020 einen BIP-Verlust von -6.7 Prozent. Jeder dritte Beschäftigte in der Schweiz befindet sich in Kurzarbeit, die Arbeitslosenrate steigt stark an, Konkurse und Arbeitsplatzverluste sind sicher. In der Folge werden die gerade erst sanierte Arbeitslosenversicherung sowie die Erwerbsersatz-Ordnung tiefrote Defizite schreiben. Ebenso bürdete sich der Bund durch ein umfangreiches Massnahmenpaket Schulden in Milliardenhöhe auf. Die verschiedenen Mass-nahmen, die der Bund zur Abfederung seiner gesundheitspolitischen Entscheide ergriffen hat, sind angebracht. Sie werden auch nicht bestritten. Ebenso unumstritten ist, dass sie die Finanzhaushalt für die kommenden Jahre in Ungleichgewicht bringen.
Angesichts dieser Ausgangslage verlangt der sgv in Abhängigkeit der Gesundheitslage für die Wirtschaft und die Bevölkerung eine möglichst rasche Rückkehr in die Normalität. Zu verstehen ist darunter ein ordnungspolitisches Konzept, das die Wettbewerbsbedingungen stärkt und verbessert sowie auf unternehmerische Freiheit setzt, damit Unternehmungen ihre Potenziale im freien Markt entfalten können.
Angesichts dieser Ausgangslage fordert der sgv für die kommenden Monate die Umsetzung einer wirtschaftspolitischen Aktionsagenda basierend auf drei Pfeilern:
Damit die Wirtschaft rasch nachhaltig entlastet, die Existenz der Unternehmungen gestärkt sowie Vollbeschäftigung und Lehrstellen gesichert werden, plädiert der sgv für eine Rückkehr zu einer liberalen Wirtschaftsordnung und setzt auf eine Agenda, die auf Wettbewerb und Verantwortung beruht. Auf diesem Weg kann die Effizienz gesteigert, können Innovationen gefördert und das Eingehen von Risiken und Unternehmergeist werden belohnt. Regulierungskosten wirken sich direkt auf die Fixkosten eines Unternehmens aus. Sie binden unternehmerische Kräfte in unproduktive Aufgaben. Die Regulierungskosten schlagen sich damit auch unmittelbar negativ im BIP nieder.
Forderung Reduktion Regulierungskosten: Die vom Bundesrat beschlossene Umsetzung der Motionen 16.3388 Sollberger (Entlastungsgesetz mit Instrumenten zur administrativen Entlastung der Unternehmen) und 16.3360 FDP-Liberale Fraktion (Einführung Regulierungsbremse) ist entschlossen und rasch anzugehen. Die Politik der Exekutive, Entlastungen zu stärken und die vom Parlament beschlossene Regulierungsbremse auszuarbeiten, wird vom sgv begrüsst und unterstützt.
Forderung Stärkung Wirtschaftsstandort: Mit der Umsetzung der vom Parlament überwiesenen Motion Germann 19.3043 ist umgehend ein umfassendes Revitalisierungspaket zur Steigerung der Standortattraktivität und zur Diversifizierung der Absatzmärkte auszuarbeiten.
Forderung Digitalisierung: Für die Unternehmungen ist zwecks Entlastung von unnötiger Bürokratie die einfache Schriftlichkeit auf digitalem Weg unkompliziert zu ermöglichen. Insbesondere ist ein Bundesgesetz über Zusammenarbeitsformen im Bereich digitalisierter Behördenleistungen zu priorisieren. Das «guichet unique», EasyGov.swiss, ist auszubauen.
Schlanke Rahmenbedingungen für die Unternehmungen stärken und verbessern die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Umfeld. Es sind gezielte Massnahmen einzuleiten, damit die durch die Covid-Krise verursachten volkswirtschaftlichen Schäden rasch behoben werden.
Forderung Finanzpolitik: Die Einführung einer finanzpolitischen Schuldenbremse hat massgeblich dazu beigetragen, dass in den letzten Jahren über CHF 20 Milliarden abgebaut werden konnten. Damit konnte bereits die Finanzkrise gut bewältigt werden und sie ist auch jetzt wieder Voraussetzung für eine rasche Rückkehr zur Normalität. Auf eine Aufweichung ist deshalb zu verzichten.
Forderung Steuerbereich: Ein einfaches Steuersystem ist eine grosse Erleichterung für die gesamte Wirtschaft, insbesondere für KMU. Deshalb ist ein Einheitssatz in der Mehrwertsteuer einzuführen. Angesichts des starken Wirtschaftseinbruchs dürfen zudem keine neuen Steuern, Gebühren und Abgaben eingeführt werden. Ebenso braucht die Verrechnungssteuer eine Reform, um sie, insbesondere ihr Abrechnungssystem, KMU-tauglich zu machen. Auch sind auf der Ebene des Bundes und der Kantone den Unternehmen ausserordentliche Rückstellungen für das Rechnungsjahr 2019 und 2020 zu ermöglichen.
Forderung Klimaschutz: In der Revision des CO2-Gesetzes sind die Emissionsreduktions- und Klimaeffizienzmassnahmen so zu stärken, dass teilnehmende Unternehmen sowohl an der Rückerstattung als auch an der Rückverteilung teilhaben. Das Abgabemaximum für die CO2-Abgabe ist auf 120 Franken pro Tonne zu belassen. Angesichts der Unterstützungszahlungen des Bundes an die Swiss ist die Einführung der Flugticketabgabe zu sistieren. Auf CO2-Sanktionen für das Kalenderjahr 2020 im Autoimport ist zu verzichten, da auf Grund von Lieferverzügen geplante Markteinführungen von neuen, energieeffizienten Modellen verzögert wird.
Forderung Arbeitsmarktpolitik: Durch die Flexibilisierung der Arbeitszeit (Parlamentarische Initiative Graber 16.414) erhalten die Unternehmungen dringend benötigten Spielraum. Ebenso ist bei Aufrechterhaltung des Gesundheitsschutzes die Arbeitszeiterfassung zu vereinfachen und zu flexibilisieren sowie die Vereinfachungen für Heim- und Telearbeit («Homeoffice») zu erhalten. Im Zusammenhang mit der MEI-Umsetzung ist der Schwellenwert zur Stellenmeldepflicht bis Ende 2022 auszusetzen und anschliessend zu erhöhen. Bei massiv steigender Arbeitslosigkeit erhöht sich die Flut der melde-pflichtigen Berufe, was administrativ kaum mehr zu bewältigen ist und die Unternehmungen in der Personalrekrutierung massiv behindert.
Forderung Öffentliche Hand: Bau- und Infrastrukturvorhaben der öffentlichen Hand sind unverzüglich umzusetzen. Verzögerungen von Baugesuchen sind zu vermeiden, Vergabeprozesse gezielt voranzutreiben und Infrastrukturbauten wie geplant zu realisieren, um so kurzfristig für mehr Arbeitsvolumen zu sorgen. Inländische Anbieter sind gemäss den Vorgaben des Bundesgesetzes für das öffentliche Beschaffungswesen zu berücksichtigen. Das Verbandsbeschwerderecht ist befristet auszusetzen.
Forderung Investitionen und Innovationen im Privatsektor: Investitionen sind der beste Motor des Privatsektors, damit die Wirtschaft wieder in Schwung kommt. Damit Firmen und Private dringend benötigte Bauinvestitionen beschleunigen können, ist eine Verzichtsplanung im Bereich des Bau- und Planungsrechts zu entwickeln. Im FIFG sollen Private und Unternehmen förderungswürdige Programme und Projekte auch ohne Hochschulen aufstellen können. Das Verbandsbeschwerderecht ist befristet auszusetzen.
Forderung Konsumentenpolitik: Die Ladenöffnungszeiten sind zwecks Reduktion des Einkaufstourismus und zur Förderung des Inlandkonsums zu flexibilisieren. Mit einer Liberalisierung und Flexibilisierung der Sonntagsverkäufe lassen sich durch die Covid-Krise verursachte Ausfälle ebenso abfedern. Auf konsumhemmende, ausufernde Deklarationsvorschriften, Konsum- und Werbeverbote, ausufernde Negativdeklarationen und behindernde Präventionsmassnahmen ist zu verzichten.
Lohn- und Lohnnebenkosten sind in vielen Betrieben die massgeblichen Kostenfaktoren. Es muss alles darangesetzt werden, dass diese nicht erhöht werden. Einerseits nehmen sie im internationalen Umfeld bereits heute einen Spitzenwert ein. Andererseits reduziert jede Erhöhung die eigene Wettbewerbsfähigkeit.
Forderung Sozialversicherungsbereich: Solange nicht alle Nachwehen der Covid-Krise bewältigt und nicht alle Sozialwerke nachhaltig gesund finanziert sind, ist konsequent auf jeden weiteren Leistungsausbau zu verzichten. Neben den Herausforderungen der Demographie wird die öffentliche Hand einen gewaltigen Schuldenberg abzutragen haben.
Forderung AHV-Revision: Die Zusatzfinanzierung ist im Rahmen der anstehenden AHV-Revision auf maximal 0.3 Lohnprozente zu begrenzen. Auf kostspielige Abfederungsmassnahmen ist zu verzichten.
Forderung BVG-Revision: Die durch die Senkung des Umwandlungssatzes entstehenden Renteneinbussen sind ausreichend zu kompensieren. Dabei ist aber auf generelle Lohnprozenterhöhungen und auf jede Einführung von Zusatzrenten konsequent zu verzichten ist.
Forderung Gesundheitspolitik: Auf die Einführung von Referenzpreisen für Generika ist zu verzichten. Die Schweiz ist zwar ein bedeutender Forschungs- und Produktionsstandort für Arzneimittel. Umgekehrt ist in Krisenzeiten die Versorgung des Binnenmarktes alles andere als gesichert.
Für die Umsetzung des präsentierten «Smart Restart» fordert der vom Schweizerische Gewerbeverband sgv eine möglichst rasche Rückkehr der Wirtschaft in den Normalzustand. Darunter ist ein ordnungspolitisches Konzept zu verstehen, das die Wettbewerbsbedingungen stärkt und verbessert sowie auf unternehmerische Freiheit setzt, damit Unternehmungen ihre Potenziale im freien Markt entfalten können. Die Realisierung gelingt durch eine nachhaltige Entlastung der Wirtschaft, eine gezielte Stärkung der Rahmenbedingungen sowie das konsequente Vermeiden von neuen Belastungen.
Der Wert darf nicht NULL sein. Parametername: mediaItem